Am 06.12.18 präsentierte der Ernährungsrat Berlin im Abgeordnetenhaus Berlin die Ergebnisse der Regiowoche und diskutierte mit Berliner und Brandenburger Abgeordneten sowie Praxispartnern der Regiowoche, inwiefern eine bio-regionale Schulverpflegung in Berlin machbar ist. Hier findet Ihr einen Bericht zu der Veranstaltung:
Nach einem Grußwort von Turgut Altug (MdA, Bündnis 90/Grüne) verdeutlichte Beatrice Walthall in einem kurzen Input, dass die Schulverpflegung ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Gestaltung eines zukunftsfähigen Ernährungssystems ist, wenn man sie ganzheitlich betrachtet und die Potenziale der Kaufkraft, der regionalen Wertschöpfung und des Kompetenzaufbaus nutzt.
Anschließend stellte Frank Nadler (Koordinator der Regiowoche und Sprecher im Sprecher*innenkreis des Ernährungsrats) zentrale Ergebnisse der Regiowoche vor. Unter dem Motto „Willst du wissen woher dein Essen kommt? Wir zeigen es dir!“ wurde Schüler*innen der Weg ihrer Mahlzeit von den Feldern vor den Toren der Stadt bis in die Schulmensa vorgeführt. Zudem zeigte das Projekt durch eine bislang nicht gesehene Größenordnung (277 Schulen; 170.000 Portionen; 50.000 Schüler*innen versorgt), dass eine bio-regionale Schulverpflegung machbar ist.
Gleichwohl zeigte die Regiowoche auch, dass noch einige Herausforderungen bestehen. Von seinen Erfahrungen berichtete Johannes Erz (Bauernhof Erz), der gemeinsam mit seiner Frau die Kürbisse für die Regiowoche lieferte. Die großen Abnahmemengen der Regiowoche boten seinem Betrieb eine finanzielle Sicherheit, die selten gegeben sei und es ihm auch ermöglichte, den Stückpreis zu senken.
Gleichzeitig kritisierte Erz die derzeitige Politik, wenn es um die Abnahme von regionalen Produkten geht. Während für Kulturen wie z.B. Mais eine 20-jährige Preis- und Abnahmegarantie bestehe, gäbe es keine vergleichbare Sicherheit für andere Produkte (wie z.B. Rote Beete oder Kürbisse). Mit einer dauerhaft hohen Nachfrage könnte die Schulverpflegung hier eine attraktive Option darstellen.
Eva-Maria Lambeck (Schildkröte GmbH) berichtete aus Caterer-Perspektive über Herausforderungen bei der Beschaffung von bio-regionaler Ware, wie z.B. die geringen verfügbaren Mengen und die Mehrkosten bei einem konstant festgelegten Preis von 3.25 Euro. Um alternative Beschaffungsmodelle zu entwickeln, bestehen erste Überlegungen zur Gründung einer Einkaufsgemeinschaft.
In der anschließenden Diskussion wurde u.a. deutlich, dass die Hindernisse für eine bio-regionale Versorgung vielen Politiker*innen nicht umfassend bekannt sind. So erstaunte z.B. die Erfahrung, dass Äpfel und Kartoffeln der Regiowoche nicht aus Brandenburg bezogen werden konnten – letztere weil es schlicht keinen bio-zertifizierten Schälbetrieb in der Region gibt, der die erforderlichen Mengen verarbeiten könnte. Geschälte Kartoffeln sind nach Auskunft von Eva-Maria Lambeck zwingend, selbst für ein Gericht wie „Pellkartoffeln mit Quark“, weil die Schüler ganz 15 Minuten zum essen und daher keine Zeit zum Selberschälen hätten!
Benjamin Raschke (MdL Brandenburg) rief eindrücklich dazu auf, gerade auch die Brandenburger Abgeordneten einzubinden. Häufig scheitere es schon am Informationsaustausch oder Dialog – ein Aspekt, den der Ernährungsrat Berlin und seine Brandenburger Kolleg*innen vorhaben aufzugreifen.
In Bezug auf die politischen Instrumente wurde u.a. über das Vergaberecht, eine Änderung der Grunderwerbssteuer und das Schließen von Lücken im Grundstücksverkehrsgesetz, das bisher auf Aktiengesellschaften als Käufer großer Ackerflächen keine Anwendung findet, diskutiert. Lobend wurde der jüngste Beschluss für ein kostenloses Schulessen in Berlin erwähnt. Lambeck berichtete, dass dadurch ein erheblicher Verwaltungsaufwand entfalle, der stattdessen in bio-regionale Produkte investiert werden könne.
Insgesamt äußerten die Beteiligten fraktionsübergreifend Unterstützung für die Ausweitung einer bio-regionalen Schulverpflegung. Hierzu müssen nun auch Taten folgen – und Fraktions- oder Partei-Kolleg*innen aus anderen Fachbereichen davon überzeugt werden, dass das Thema für viele Politikfelder von Bedeutung ist!
Pingback:Infobrief Dezember 2018 – Ernährungsrat Berlin