Wie lässt sich am ehesten bewerkstelligen, bisher wenig beachtete und marginalisierte Bevölkerungsgruppen, die vermeintlich zum Thema nachhaltige Ernährung nicht viel zu sagen haben, am gesellschaftlchen Prozess der Ernährungswende teilhaben zu lassen? Was sind ihre Bedürfnisse, Einstellungen, Meinungen, soziale Handlungsmotive und Rationalisierungen haben hinsichtlich der Frage „Was ist mir beim Essen wichtig?“

Mit dem Projekt „Aktionsplan lebendige Esskultur – Gutes Essen für Alle!“ sind wir auf bisher wenig gehörte und marginalisierte Gruppen zugegangen, um deren Perspektiven auf das Berliner Ernährungssystem zu hören und bestehende Hürden für deren Teilhabe zu ermitteln. Im Fokus stehen dabei Fragen nach besonderen Bedürfnissen und Anforderungen der Berliner*innen an ein ökologisch nachhaltiges, sozial gerechtes, relokalisiertes, zukunftsfähiges Ernährungssystem.

Das aufsuchende Beteiligungskonzept

Bisher wurde im laufenden Prozess der ernährungspolitischen Diskurse genauso wie im Prozess zur Erarbeitung und Entwicklung einer Berliner Ernährungsstrategie primär auf Vor-Ort-Beteiligungsverfahren (wie Werkstätten, Workshops, Gremienarbeit oder die Sitzungen unterschiedlicher Arbeitsgruppen) als Partizipationsformate zurückgegriffen. Durch diese sogeannten „Komm-Her“-Formate wurden jedoch nur bestimmte Gruppen, insbesondere bereits im Prozess aktive Einzelpersonen und Vertreter*innen von Initiativen angesprochen.

Deswegen setzen wir für den Aktionsplan lebendige Esskultur auf ein aufsuchendes, sozialraumorientiertes „Geh-Hin“-Beteiligungsformat, um auch mit schwieriger (besser: anders) erreichbaren Zielgruppen (z.B. Jugendliche, Nichtbildungsbürger, Menschen in prekären Lebensverhältnissen und Personen mit Migrationshintergrund und / oder geringen Deutschkenntnissen) in Austausch zu treten. Die Teilnehmenden sollen nicht den Schritt in den öffentlichen Raum machen müssen, sondern umgekehrt: Das „öffentliche Interesse“ soll zu ihnen kommen, in ihre vertraute Umgebung.

Beteiligungsaktionen

Im Sommer 2019 haben wir zwei Vor-Ort Veranstaltungen organisiert:

  • Am 22. Juni haben wir uns am 2. Umwelt- und Nachhaltigkeitsfest der Bewegung „Schön wie wir – für ein lebenswertes Neukölln” mit einem Stand beteiligt und Fragen gestellt: Was ist mir beim Essen wichtig? Wie geht gutes Essen für alle? Was möchte ich nicht essen? Welche Vorsätze habe ich? Hier findet sich ein Bericht der Veranstaltung mit Fotos.
  • Am 31. August haben wir gemeinsam mit Über den Tellerrand ein internationales Koch-Event mit Zugewanderten organisiert und dabei ausprobiert, wie man mit regionalen und saisonalen Zutaten wunderbar international kochen kann. Hier findet sich ein Bericht der Veranstaltung mit Fotos.
  • Im August haben wir in Kooperation mit der Verbraucherzentrale eine schriftliche Befragung von Langzeitarbeitslosen durchgeführt.

Was ist mir beim Essen wichtig?

Für eine überwiegende Mehrheit der Befragten sind gut schmeckende, sattmachende und gesunde Essen entweder wichtig oder sehr wichtig. Was die Kosten und Aussehen angeht, so bewerten die Mehrheit der Befragten diese Merkmale beim Thema Essen entweder als „ist mir nicht so wichtig“ oder „ist mir überhaupt nicht wichtig“. Darüber hinaus haben mehr als 90% der Befragten zur Frage „Beim Essen muss man sich Zeit nehmen“ mit „ist mir wichtig“ geantwortet.

Unsere Arbeit zum Aktionsplan Lebendige Esskultur wurde finanziell unterstützt durch die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Für die Inhalte ist allein der Ernährungsrat Berlin verantwortlich.