Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren!
Deswegen erzählt unser neues Büchlein die Geschichte von Erde, Mensch und Essen leicht verständlich und unterhaltsam in kurzen, knappen Sätzen. Wie ist unsere heutige Wirtschaftsweise entstanden, was hat das für Folgen? Wer profitiert und wer verliert? Und was gehört jetzt auf unsere To-Do-Liste?
Das Büchlein fasst 4,6 Milliarden Geschichte zusammen. Es beschreibt auch die aktuellen Gefahren und ermutigt zum Handeln, damit die Menschheit wieder aus dem Schlamassel herauskommt. Eindrucksvoll bebildert wurde das Büchlein von Schülerinnen und Schülern: Etwa 70 Kinder haben sich an unserem Wettbewerb beteiligt und fantasievolle, farbenfrohe und künstlerisch beeindruckende Bilder eingeschickt. Danke für die tollen Einsendungen! Im Spätherbst tagte die Jury und hat die Gewinner*innen ausgewählt – deren Kunstwerke finden sich nun in dem Büchlein und werden gedruckt.
Eine Druckversion des Buches kann über epubli bestellt werden
Auch über den Buchhandel ist das Buch erhältlich. 18,99 Euro, 56 Seiten, ISBN: 9783758467936
Weiterführende Links und Hintergrundinformationen
Zusätzlich zu den knappen Texten des Büchleins Hier gibt es auch weiterführende Links und Informationen.
Zu Kapitel 1
Die ersten Tiere waren vermutlich Schwämme. Sie entstanden vor etwa 560 Millionen Jahren im Meer. 50 bis 60 Millionen Jahre später entwickelten sich der Stamm der Wirbeltiere – also Wesen mit Innenskelett: Fische. Es dauerte noch lange, bis die ersten Tiere an Land gingen. Es war die Klasse der Amphibien, die vor etwa 375 Millionen Jahren als erste das Wasser verließ. Allerdings konnten sie sich nicht weit davon entfernen: Ihre weiche Haut muss stets feucht bleiben und ihre Eier brauchen ebenfalls die Umgebung von Wasser. Diese Problem löste eine neue Tier-Klasse: Die Reptilien. Bei ihren Eiern schützen eine Schale sowie eine Membran den Nachwuchs vor Austrocknung. So konnten sie weite Teile der Landflächen besiedeln.
Vor über 200 Millionen entwickelte sich wiederum aus den Reptilien eine neue Tierklasse: Die Säugetiere. Die ersten lebten also schon zu der Zeit, als die Dinosaurier die Erde dominierten. Vor 60 bis 80 Millionen Jahren entstand die Säugetierordnung der Primaten. Die ersten verbrachten die meiste Zeit auf Bäumen und fraßen vor allem Insekten. Vor 18 bis 20 Millionen Jahren entstand dann die Familie der Hominiden. Und erst vor sieben Millionen Jahre trennten sich die Evolutionswege von Menschenaffen und Affenmenschen.
Die Gattung Homo entstand vor zwei bis vier Millionen Jahren. Zunächst lebten unterschiedliche Menschenarten in Afrika. Einige Gruppen des Homo erectus breiteten sich nach Asien und Europa aus. Doch sie alle starben irgendwann wieder aus. Dazu gehören auch die Neandertaler. Allein übrig blieb schließlich Homo sapiens.
Der schlaue Biologieprofessor ,der die Artenvernichtung durch den Menschen mit dem Löschen von Computerdateien vergleicht, heißt Matthias Glaubrecht. Er hat das Buch geschrieben: „Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten“, München 2019. Die entsprechende Stelle steht auf S. 747.
Wandel gehört zur Erde dazu, seit es sie gibt. Aber die Menschen haben sie in den vergangenen 150 Jahren so rasch verändert, dass viele natürliche Systeme zu kollabieren drohen. https://www.planet-wissen.de/natur/umwelt/globaler_wandel/index.html
Es gibt nur eine Erde. Wir verhalten uns aber so, als ob wir über mehrere Erden verfügen könnten.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/erdueberlastungstag-ressourcen-fuer-2022-verbraucht
Konsumgesellschaft war lange Zeit eine Selbstbeschreibung unserer Gesellschaft – und das galt nicht als negativ, sondern als Ausdruck von Modernität und Lebensqualität. Dazu gehört auch Ex und hopp. Man kann es schlauer machen. https://utopia.de/ratgeber/gegen-die-Wegwerfgesellschaft-das-hilft/
Zu Kapitel 2
Die meiste Zeit lebten die Menschen als Sammlerinnen und Jäger. Erst vor etwa 12.000 Jahren begannen erste Gruppen Nahrung anzupflanzen und Nutztiere zu züchten. Das geschah in der Region des „Fruchtbaren Halbmonds“, wo heute Iran, Irak, Syrien, Jordanien und Israel liegen.
Die Umstellung der Lebens- und Ernährungsweise war keine bewusste Entscheidung oder Erfindung. Vielmehr reagierten die Menschen auf sich verändernde Umweltbedingungen.
Zum einen waren gegen Ende der letzten Eiszeit mehrere Großtierarten ausgestorben: Das Nahrungsangebot für von der Jagd lebende Menschen wurde knapp. Zugleich breiteten sich in der Region des fruchtbaren Halbmonds wilde Getreidearten stark aus, weil das Klima günstig dafür war: Lange, heiße und trockene Sommer und kurze, milde und feuchte Winter.
Wahrscheinlich förderten die Menschen zunächst unbeabsichtigt die Halme des Urweizens, deren Körner beim Tragen zu den Lagerplätzen nicht sofort abfielen. Solche Saat wuchs deshalb vermehrt auf ihren Abfallplätzen. Auch Samen mit dünner Schale, die rasch keimten, waren hier im Vorteil. Weil die Pflanzen in der Nähe der Lagerstätten wuchsen, waren sie leicht zugänglich für die Sammelnden. Außerdem wuchsen sie bestimmt üppiger als anderswo, weil sie durch die Fäkalien der Menschen gedüngt wurden.
Für die Großfamilien erschien wohl zunehmend als vorteilhaft, sich nicht zu weit von solchen Plätzen zu entfernen. Der Übergang für sammelnde und jagende Gruppen zur sesshaften Lebensform war fließend – genau wie die Entwicklung der ersten Kulturpflanzen und das Anlegen von Äckern. Bald schon domestizierten die ersten Bauern auch Schafe und Ziegen.
Unabhängig von den Entwicklungen im Nahen Osten begann etwa tausend Jahre später die Landwirtschaft in China mit Reis und Hirse auf ähnliche Weise. Hier waren Schweine und Seidenraupen die ersten Nutztiere. Auch in Amerika startete der Prozess, ohne dass die Menschen etwas von der Landwirtschaft in anderen Weltgegenden wussten. Die ersten Feldfrüchte waren dort Mais und Bohnen.
Mit Landwirtschaft lassen sich größere Menschengruppen ernähren als durch Sammeln und Jagen. Die Bevölkerung wuchs. Allerdings verschlechterte sich zunächst die Versorgungslage, weil die Bevölkerung schneller zunahm als das verfügbare Essen. Trotzdem gab es kein Zurück. Die Sammlerinnen und Jäger wurden von den zahlenmäßig überlegenen Siedlergemeinschaften vertrieben oder sie wurden ebenfalls sesshaft.
Der Pfad in Richtung einer ständig wachsenden Menschheit war eingeschlagen – und damit auch der Weg in Richtung einer immer stärkeren Arbeitsteilung. Denn längst nicht alle ackerten: Manche kümmerten sich ums Beten, andere ums Verteilen und Regieren. Die Vorräte mussten gegen Diebe verteidigt werden und vieles mehr.
Die Agrartechnik verbesserte sich laufend, zunächst kamen einfache Handpflüge zum Einsatz, später wurden Nutztiere davor gespannt, die auch Dünger lieferten. Die Bäuerinnen und Bauern wurden immer produktiver – und zugleich abhängiger und machtloser.
Die ersten Bauern und Gärtnerinnen bauten nur Pflanzen an, deren Wildformen bereits essbar waren und die sich nach kurzer Zeit ernten ließen. Später züchteten vollständig sesshafte Gemeinschaften in Vorderasien auch Oliven- und Nussbäume.
Die Veredelung von Obstbäumen ist deutlich komplizierter und erfolgte wesentlich später. Auch viele Gemüsearten unterscheiden sich stark von ihren wilden Vorfahren und haben oft lange Züchtungsprozesse hinter sich.
Mit der Zeit entwickelten sich immer mehr Nutzpflanzensorten, die an die jeweiligen regionalen Bedingungen angepasst waren. Die Bäuerinnen und Bauern legten jedes Jahr einen Teil ihrer Ernte zurück, um sie im Folgejahr wieder auszusäen. Auch der Tausch von Saatgut war jahrtausendelang selbstverständlich. Parallel nahm auch die Zahl der Nutztierrassen ständig zu.
Die Landwirtschaft veränderte die Landschaften und machte sie vielfältiger. Davon profitierten auch viele Wildtierarten und -pflanzen.
Bis ins 19. Jahrhundert hatten die Bäuerinnen und Bauern die meiste Arbeit mit den Händen und mit Hilfe von Tieren erledigt. Gedüngt wurde mit Kompost, Tiermist und Fäkalien. Ihr Saatgut stellten sie selbst her.
Dann aber begann die Industrialisierung der Landwirtschaft. Nachdem der Chemiker Justus von Liebig die Bedeutung von Phosphaten, Kali und Stickstoff fürs Pflanzenwachstum beschrieben hatte, kamen bald die ersten Dünger auf den Markt. Kali und Phosphor stammten aus Bergwerken.1910 erhielten Fritz Haber und Carl Bosch das Patent dafür, Stickstoff künstlich herzustellen. Bis heute ist das der wichtigste Mineraldünger. Der Haken bei der Sache: Das Verfahren braucht extrem viel Energie.
Auch Saatgut wurde im 19. Jahrhundert zur Handelsware. Die industrialisierte Pflanzenzüchtung setzte darauf, einzelne Eigenschaften zu optimieren. Bald konnten die Firmen ihre Sorten durch Patente schützen. Die Bauern dürfen nun nicht mehr einfach einen Teil der Ernte zurückhalten und im Folgejahr wieder aussäen. Das würde sowieso meistens gar nicht mehr funktionieren. Die meisten Gemüse- und Getreidesorten sind heute sogenannte Hybride. Im ersten Anbaujahr bringen sie üppige Erträge. Doch bei Wieder-Aussaat ist die Ausbeute mickrig. Das Prinzip des Lebens, das Erbgut von einer Generation auf die nächste weiterzugeben, wurde hier absichtlich zerstört. https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/was-ist-hybridzuechtung-11017
Hochertragssorten und Pestizide sind außerdem stark aufeinander abgestimmt. Das liegt auch daran, dass große Chemiekonzerne wie Bayer inzwischen fast alle Saatguthersteller aufgekauft haben. Vier Unternehmen teilen sich heute 50 Prozent des Weltmarkts. https://www.dw.com/de/saatgut-monopol-saatgutgesetz-agrarkonzerne-ern%C3%A4hrungssicherheit-bayer-corteva-chemchina-limagrain/a-57110489
Auch wenn der Fleischkonsum von Jahr zu Jahr sinkt, weil immer mehr Menschen Vegetarier*innen oder Veganer*innen werden: Im statistischen Durchschnitt haben die Bewohner*innen Deutschlands im Jahr 2021 immer noch 55 Kilogramm Fleisch verspeist. Im Jahr davor waren es noch 57 Kilogramm.
Produziert wird deutlich mehr. Die Konsument*innen mögen längst nicht alle essbaren Teile der Tiere. Und weil bei den Tierrassen inzwischen ein Leistungsmerkmal hochgezüchtet wird, gelten bestimmte Tiere als überflüssig. Dazu zählen zum Beispiel die männlichen Nachkommen von Milchkühen. Viele Tiere sterben auch, weil es in den Ställen einfach zu eng ist. https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Fleischatlas2021_V01_kommentierbar.pdf (Seite 40/41)
Massentierhaltung ist heute die Regel. Damit die Tiere sich dabei nicht gegenseitig verletzen oder anknabbern, werden sie zurechtgestutzt. Die Rinder verlieren ihre Hörner, die Schweine ihre Ringelschwänze. Die Prozeduren sind oft sehr schmerzhaft für die Tiere. https://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/landwirtschaft/manipulationen/#c7497
In einer Tasse humusreicher Erde befinden sich Milliarden von Mikroorganismen. Sie sind zwar unsichtbar – aber sehr wirkungsvoll. Viele haben die Fähigkeit, mit Pflanzen zu kooperieren und deren Wachstum zu befördern. Zugleich zersetzen sie organischen Abfall und verarbeiten ihn zu fruchtbarem Humus.
Humus enthält viele verschiedene Nährstoffe. Er nimmt bei Starkregen überschüssiges Wasser auf und speichert es: So ist der Boden auch in trocknen Zeiten noch lange feucht. Der natürliche Humusaufbau geht sehr langsam. Durch Mulchen, Kompost und Mist können Bäuerinnen und Gärtner den Humusaufbau befördern.
Der Einsatz von schweren Landmaschinen, Kunstdünger und Pestiziden lässt das Bodenleben dagegen verarmen. Die Gefahr von Erosion nimmt massiv zu. Immer mehr fruchtbarer Boden wird weggeweht oder weggeschwemmt. https://utopia.de/ratgeber/bodenerosion-ursachen-folgen-und-was-du-dagegen-tun-kannst/
Weltweit gehen im Durchschnitt pro Mensch drei Tonnen fruchtbare Erde verloren. https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/boden-in-gefahr-erosion-in-der-landwirtschaft
Wie gefährlich eine geringe genetische Vielfalt innerhalb einer Nutzpflanzen-Art ist, mussten die Iren Mitte des 19. Jahrhunderts erfahren. Mindestens eine Million Menschen starben, weil dort alle Kartoffeln von einem Pilz befallen wurden und verfaulten. Zwar gibt es durchaus Sorten, die gegen den Pilz resistent sind. Doch damals stammten in Europa sämtliche Kartoffeln von wenigen Pflanzen ab, die die Spanier 1570 aus den Anden mitgebracht hatten – und die waren nicht mit den nötigen Widerstandskräften gegen diese Krankheit ausgestattet.
Inzwischen gibt es zahlreiche Beispiele für riesige Ernteausfälle aufgrund der Gleichförmigkeit der Pflanzenkulturen: 1970 vernichtete Maisbrand einen Großteil der Ernte in Mexiko und den USA, 1972 gingen in der Sowjetunion 20 Millionen Tonnen Weizen verloren. Seit 1999 breitete sich der Weizenrost in Ostafrika aus, vernichtete dort große Erntemengen und beunruhigte die Landwirt*innen weltweit. Ein Pilz hat in den vergangenen Jahren Bananenbauern in Kolumbien in den Ruin gestürzt und bedroht auch die anderen Produzenten in Lateinamerika. https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/warum-ist-die-banane-krank-4092235.html
Die Industrie versucht, durch Züchtung resistenter Sorten gegen den jeweiligen Schädling dem Problem zu begegnen. Doch an der Praxis von Einheitssorten und Monokulturen ändert das nichts. Wissenschaftler*innen warnen: Das ist brandgefährlich für die Welternährung. https://www.rnd.de/wissen/forscher-warnen-schadlinge-konnten-die-welternahrung-bedrohen-XB4FP7P6YFEF3CGB53D3QS5OTE.html
2008 wurde der Weltagrarbericht verabschiedet, der von der Weltbank und der Welternährungsorganisation FAO in Auftrag gegeben wurde. Die zentralen Fragen lauteten: Wie können Hunger und Armut am besten reduziert und wie Ernährung und Gesundheit verbessert werden? Über 400 Wissenschaftler*innen aus aller Welt haben daran mitgearbeitet – von Biologen und Chemikerinnen über Ökonomen bis hin zu Medizinerinnen, Geografinnen, Meteorologen und Vertreterinnen traditionellen Wissens. Ihr eindeutiges Urteil: „Weiter so ist keine rationale Option.“
Zunächst waren auch die großen Agrarkonzerne an der Ausarbeitung beteiligt. Doch sie wollten die Ergebnisse schließlich ebenso wenig unterschreiben wie die Regierungen der USA, von Kanada und Deutschland. Der Weltagrarbericht stellt eindeutig klar, dass eine kleinteilige, vielfältige Landwirtschaft wesentlich produktiver ist als großflächige Monokulturen. Weltweit stellen heute Bauern mit weniger als zwei Hektar Fläche etwa die Hälfte der Nahrungsmittel her. Wo Kleinbauern die Chance haben, regional angepasst zu ackern, erzielen sie deutlich höhere Erträge als die hochindustrialisierten Betriebe auf einem vergleichbar großen Gelände. Eine so strukturierte Landwirtschaft könnte alle Menschen nicht nur mit ausreichender, sondern auch mit gesunder Nahrung versorgen, die sowohl genügend Kalorien als auch Vitamine und Mineralien enthält. Das wäre nicht nur gut für die über 800 Millionen Hungernden weltweit, sondern auch für die etwa zwei Milliarden Übergewichtigen.
Die Autor*innen des Weltagrarberichts fordern, die Forschung endlich in diese Richtung umzuorientieren. Außerdem heben sie hervor, dass eine kleinteilige Landwirtschaft wesentlich mehr Menschen Arbeit bietet und klimafreundlicher ist als Monokulturen. Schließlich spart sie auch noch viel Süßwasser, das in Zeiten der Klimaerhitzung immer knapper wird. https://www.weltagrarbericht.de/
Zu Kapitel 3
Durchgetaktet ist das Leben von Masthähnchen und den Menschen, die sie aufziehen und schlachten. Das Ganze läuft ab wie die Massenproduktion in einer Fabrik – so als ob es sich um Gegenstände und nicht um Lebewesen handelt. https://www.quarks.de/umwelt/tierwelt/was-du-ueber-das-kurze-leben-eines-haehnchens-wissen-musst/
Die Familie Wesjohann macht auf diese Weise ein Riesengeschäft und zählt zu den reichsten in Deutschland. Die bekannteste Marke aus ihrem Firmenimperium ist Wiesenhof. Der Name soll bei den Käufer*innen wohl romantische Gefühle wecken. Mit der Realität hat das aber nichts zu tun. https://gemeinsam-gegen-die-tierindustrie.org/die-phw-gruppe/
Weil die Geflügelproduktion in Europa so billig ist, haben kleineren Produzent*innen in Afrika keine Chance. Sehr viele mussten aufgeben. https://www.deutschlandfunk.de/folgen-des-welthandels-ghana-und-das-globale-huhn-100.html
Die vier großen Supermarktketten Edeka, Aldi, Lidl und Rewe teilen sich in Deutschland inzwischen 85 Prozent des Absatzes im Lebensmitteleinzelhandel, monierte das Kartellamt schon 2015. Früher gab es in einer Stadt wie Berlin tausende Lebensmittelläden, die unterschiedlichen Leuten gehörten.
Die Aldi-Familie ist die reichste Familie Deutschlands. Auf Platz zwei steht der Lidl-Gründer Dieter Schwarz. „Eine Arbeiter*in in einer Kaffeeplantage in Brasilien müsste mehr als achteinhalb Millionen Jahre arbeiten, um so viel als Lohn zu erhalten, wie Lidl-Eigentümer Dieter Schwarz an Vermögen besitzt,“ hat die entwicklungspolitische Organisation Oxfam ausgerechnet.
Die großen Lebensmittelketten haben dadurch enorm viel Macht. Die nutzen sie, um ihre Lieferanten unter Druck zu setzen. Wer nicht mehr mithalten kann verschwindet. Hungerlöhne und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen sind die Folge. https://www.oxfam.de/system/files/documents/positionspapier_lebensmittelhandel_nov_2020.pdf
80 bis 90 Prozent aller Lebensmittel, die heutzutage im Einkaufswagen landen, sind mehr oder weniger bereits zubereitet. Auch in Restaurantküchen kommt die Schere zum Öffnen von Tüten heute oft mehr zum Einsatz als ein Messer zum Schnippeln. Vorgefertigtes zu nutzen geht schneller und erfordert weniger Kochkenntnisse.
Neben verarbeiteten Lebensmitteln wie Dosentomaten, vorgeschnittenem Salat oder eingefrorenen Erbsen haben vor allem „Convenience“-Produkte stark zugenommen – das englische Wort für Komfort und Bequemlichkeit. Sie sind hochverarbeitet und müssen nur noch rasch in die Mikrowelle oder den Ofen geschoben oder auf dem Herd aufgewärmt werden. Aber auch Erfrischungsgetränke, abgepackte Snacks, Salatsaucen und Grillwürste zählen zu dieser Lebensmittel-Gruppe. All diese Waren enthalten eine Vielzahl von Stoffen, damit das Essen gut aussieht, lange hält oder zartschmelzend auf der Zunge zergeht. Viele Inhaltsstoffe stammen aus Chemiefabriken. Dagegen enthalten diese Produkte kaum Ballaststoffe, also Pflanzenfasern, die in frischem Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornbrot viel vorkommen. Die aber brauchen die Mikroorganismen in unserem Dickdarm, um sich wohl zu fühlen – und unsere Körper vor Allergien und anderen Entzündungen zu schützen. Außerdem enthalten hochverarbeitete Produkte häufig große Mengen an Zucker – weil das sowohl ein billiger Füllstoff ist als auch ein Geschmacks-Verführer. https://web.de/amp/36174468
Der Großteil der bunten Warenwelt in den Supermärkten stammt heute von nur wenigen Konzernen. Nummer eins ist Nestlé. Der Konzern hat nicht nur selbst entwickelte Produkte im Angebot wie Nesquick und Nescafé, sondern nach und nach auch viele bekannte Marken wie Maggi, Mövenpick-Eis, Alete, Vittel oder After Eight aufgekauft. Und wer Produkte von Pfanni, Knorr oder Langnese zur Kasse trägt, macht damit den Unilever-Konzern ein bisschen reicher.
Zu Kapitel 4
Insbesondere seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 steigen die Bodenpreise rasant. Denn Boden ist nicht vermehrbar – und deshalb eine sichere Geldanlage. Schlecht für die, die auf eine günstige Miete angewiesen sind. https://www.tagesspiegel.de/berlin/bodenpreise-zehn-mal-teurer-als-2008-2968279.html
Auch Ackerland ist zum Spekulationsobjekt geworden. Die steigenden Bodenpreise sorgen dafür, dass viele Bauern von ihrer Arbeit nicht mehr leben können. Sie verdienen nicht genug, um die horrenden Hektarpreise zu erwirtschaften. Nur hochtechnisierte Großbetriebe können noch mithalten. In Niedersachsen fällt ein Drittel der zum Verkauf stehenden Agrarflächen in die Hand von Menschen, die ihr Geld nicht in der Landwirtschaft verdient haben. In Ostdeutschland dürfte der Anteil noch deutlich höher liegen. Überblicksdaten gibt es nicht.
Auch die Aldi-Erben sind Großgrundbesitzer in Ostdeutschland. Jedes Jahr kassieren sie dafür über 4,5 Millionen Euro EU-Agrarsubventionen. Das ist bitter. Schließlich beruht ihr Vermögen darauf, dass der Discounter Bauern und Schlachthöfe ständig unter Druck setzt, billiger und noch billiger zu liefern. So ist die Aldi-Familie zur reichsten in Deutschland geworden. Jetzt trägt sie auch noch dazu bei, Landwirten den Boden unter den Füßen wegzuziehen. https://monde-diplomatique.de/artikel/!5832628
Zu Kapitel 5
Wer Lebensmittel aus Mülltonnen rettet, die bei Discountern auf dem Hof stehen, begeht Diebstahl. Das haben die höchsten deutschen Richter entschieden. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Justizminister Marco Buschmann wollen das zwar ändern. Aber noch ist die Rechtslage so, wie sie ist. https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/02-containern.html
Der Handelsverband Lebensmittel sieht keinen Änderungsbedarf. Kein Wunder. Die Handelsketten fürchten eine Regelung wie in Frankreich. Dort ist Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe gestellt hat. Schmeißen die Läden Essbares weg, müssen sie mit 3750 Euro Geldstrafe rechnen – wenn jemand das Vergehen entdeckt und klagt. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lebensmittel-verschwendung-containern-1.4331886
Jedes Kind und jeder Baum hört irgendwann auf zu wachsen. Wirtschaftswachstum hingegen gilt nach wie vor als unhinterfragtes politisches Ziel. Zugleich ist klar: Wir leben auf einem begrenzten Planeten mit begrenzten Ressourcen – und das aktuelle Wirtschaftssystem sprengt diese Grenzen. https://www.duh.de/projekte/planetare-grenzen/
Was bedeutet es, wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst, oder vielleicht sogar schrumpft? Es gibt mehrere Vorschläge, wie Alternativen aussehen könnten.
https://www.quarks.de/gesellschaft/muss-die-wirtschaft-wirklich-immer-wachsen/
Zu Kapitel 6
Wer an Demokratie denkt, denkt oft sofort an Parteien. Doch Demokratie kann auch ganz anders funktionieren, wie die Geschichte zeigt. So gab es zum Beispiel im antiken Athen keine Berufspolitiker. Fast alle Funktionen wurden ausgelost und auf Zeit vergeben. Allerdings durften weder Frauen noch Sklaven mitwählen oder gewählt werden. Trotzdem ist das Modell interessant. https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/248544/grundzuege-der-athenischen-demokratie/ (Absatz Institutionen und Verfahren)
Auch „Bürgerräte“ setzen auf die Auswahl durch das Los. Außerdem soll das Gremium vielfältig zusammengesetzt sein und die Bewohnerschaft repräsentieren: Alte und Junge, Frauen und Männer, Leute mit unterschiedlichen Herkünften und Ausbildungen arbeiten hier zusammen. Sie befragen Expert*innen und machen gemeinsam Vorschläge. Erfahrungen zeigen, dass die Ergebnisse oft sehr gemeinwohlorientiert sind. Die aktuelle Bundesregierung will drei Bürger*innenräte einberufen. Unklar ist noch, was mit den Vorschlägen am Schluss passiert. https://buergerrat-klima.de/wieso-ein-buergerrat-klima/vorbilder
Ja-Nein-Abstimmungen und Mehrheitsentscheidungen führen oft zu Dauer-Streit: Wer unterlegen ist, ist maulig. Beim „systemischen Konsensieren“ gewinnt der Vorschlag, der am wenigsten Widerstand hervorruft. Um Erfolg zu haben, gilt es die Bedürfnisse der anderen einzubeziehen. Das fördert Kooperation und kreative Lösungen.
https://taz.de/Konsens-statt-Streit/!5657359/. Auf der folgenden Internetseite kann man das System online sofort ausprobieren. Für Privatleute und nichtkommerzielle Unternehmen ist die Nutzung kostenfrei. https://www.acceptify.at/de/start
Die Finanzmärkte einhegen versuchen zugegebenermaßen schon viele Leute – mit bisher mäßigem Erfolg. Doch seit ein paar Jahren gibt es eine Organisation, die sich genau das auf die Fahnen geschrieben hat. „Die Bürgerbewegung Finanzwende“ deckt auf, wo Leute sich an den Staatskasse vergreifen und drängt darauf, dass sich die Gerichte darum kümmern. Inzwischen sitzen erste Finanzjongleure im Knast. Das wirkt sicher abschreckend auf ihre Kollegen. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hanno-berger-zu-acht-jahren-haft-verurteilt-cum-ex-prozess-in-bonn-18530836.html
Zum anderen drängt Finanzwende aber auch auf gesetzliche Regelungen, die Spekulation und das Erschaffen sinnloser Finanzprodukte unterbinden. Die Bürgerbewegung braucht viele Mitstreitende, damit sich tatsächlich etwas ändert. https://www.finanzwende.de/
Bisher werden viele Probleme vom Ende her angegangen: Müll soll sicher entsorgt werden. Und wenn der Acker seinen Humus verloren hat, soll Chemie das Problem lösen. Das ist Einbahnstraßenlogik – und hat immer tiefer in die Sackgasse geführt. Nötig ist stattdessen ein völlig anderes Vorgehen. Teilen, tauschen, weiter- und wiederverwenden gehört sicher dazu. Auch Gegenstände müssen künftig so konstruiert werden, dass sie komplett demontierbar sind und die Teile und Ressourcen immer wieder verwendet werden können. Damit experimentieren einige Designer*innen. https://trikka.house/
Doch es geht um viel mehr. Wir müssen wieder mit den Systemen der Erde arbeiten, sie fördern und uns in sie einfügen. Das ganze Wirtschafts- und Produktionssystem muss deshalb umgestaltet werden. Statt Raubbau an Ressourcen braucht es eine regenerativen Kreislaufwirtschaft. Wie die aussieht? Das müssen wir alle zusammen entwickeln. Als Kompass kann uns die Natur und ihre Wirtschaftsweise dienen: Kleinteilig, dezentral, vielfältig vernetzt, überwiegend regional und ohne Einsatz hochgiftiger Substanzen, die ganze Regionen zerstören.
Berlin gehört zu einem Netzwerk von Städten, die eine regionale Kreislaufwirtschaft aufbauen wollen. Eine Gruppe in Aachen hat schon mal was dazu geschrieben:
https://resilienz-aachen.de/mit-regionaler-kreislaufwirtschaft-die-rohstoffkrise-meistern/
In Berlin und Brandenburg haben sich viele Menschen schon auf den Weg gemacht in eine gute Zukunft. Bauern, Gärtnerinnen und Konsument*innen schließen sich zusammen und betreiben Solidarische Landwirtschaft: Sie teilen sich die Kosten für die Produktion von Gemüse – und teilen sich die Ernte. So haben die Produzent*innen die Sicherheit, dass sie überleben können, auch wenn mal ein Hagel die Ernte zerstört – und zugleich wissen die Mitglieder, wo ihr Essen herkommt und wie es angebaut wird.
https://www.solidarische–landwirtschaft.org/startseite
Bei der Regionalwert AG finanzieren Menschen gemeinsam Betriebe von Menschen, die sich für die Ernährungswende einsetzen. https://www.regionalwert-berlin.de/
Bei der SuperCoop arbeiten die Kund*innen mit und sind zugleich Miteigentümer*innen des Ladens. Auch hier gibt es Gemüse, das zu fairen Bedingungen in der Umgebung hergestellt wurde. https://supercoop.de/mit-machen/
Es gibt schon fast 20 Initiativen in Berlin, die LebensMittelPunkte in Berlin aufbauen oder es planen. Hier trifft sich die Nachbarschaft, versorgt sich mit Lebensmitteln aus der Region, quatscht und kocht zusammen. https://ernaehrungsrat-berlin.de/lebensmittelpunkte/
Bildungsprojekte wie Gemüseackerdemie und KIMBA-Express setzen sich dafür ein, dass Kinder gärtnern und kochen lernen. https://www.acker.co/gemueseackerdemie
und https://www.berliner-tafel.de/kimba/die-praxis/kimbaexpress
Der Weltacker Jugendrat hat Forderungen an die Berliner Politik aufgestellt. https://www.2000m2.eu/de/weltacker-jugendrat/
Und es gibt noch vieles mehr. Schmökert einfach mal im Buch vom Ernährungsrat Berlin, das natürlich open source ist. So kann es jede und jeder kostenlos lesen. https://ernaehrungsrat-berlin.de/berlin-isst-anders/
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