Wie geht es weiter mit der Berliner Ernährungsstrategie? Wird das geplante Beratungszentrum für die Berliner Gemeinschaftsverpflegung („House of Food“) eine gemeinwohlorientierte Neugründung? Kann allen Berliner*innen der Zugang zu gutem Essen ermöglicht werden und wenn ja, wie? Fragen haben wir viele, und für Einiges auch Lösungsvorschläge. Lest unten mehr!

Wir sind schon mal los! Ernährungswende live: Podcasts

Viele Menschen in Berlin und Brandenburg machen vor, wie Ernährungswandel geht. Mit unserer neuen Podcast-Reihe unter dem Motto „Wir sind schon mal los!“ stellen wir euch Menschen vor, die bereits mit Tatkraft und Phanthasie Kurs auf ein zukunftsfähiges Ernährungssystem nehmen. In der ersten Folge wird die Mosterei des jungen Unternehmers Achim Fießinger aus Ketzür in Brandenburg vorgestellt. Sie zeigt den Einsatz von „jungem Gemüse“ auf dem Weg zur Ernährungswende! Hier kann man die Folge anhören und hier gibt’s mehr Info zur Mosterei Ketzür und den Interviewpartnern.

Berliner Ernährungsstrategie – Quo Vadis?

So viel Neues gibt es seit unserem letzten Newsletter Anfang März gar nicht zu berichten – denn die Senatsmühlen mahlen langsam. Aus den im Beteiligungsprozess 2018 entstandenen Empfehlungen für die Ernährungsstrategie hat die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung eine Senatsvorlage gemacht, die an alle anderen Senatsverwaltungen zur Mitzeichnung weitergeleitet wurde. Der Mitzeichnungsprozess kann allerdings dauern, denn fast immer kommt in den anderen Verwaltungen noch Diskussionsbedarf auf. Erst wenn alle Vorbehalte ausgeräumt sind, wird es einen offiziellen Senatsbeschluss geben.

Im Großen und Ganzen soll dieser die Form eines Aktionsplans mit acht Handlungsfeldern annehmen, in denen auch jetzt schon Aktivitäten stattfinden: dabei geht es zum Beispiel um Gemeinschaftsverpflegung und das House of Food (siehe unten), Wertschöpfung in der Region, lebendige Kieze, Bildung, Lebensmittelverschwendung und andere. Die ganz systematisch geplante, große Ernährungsstrategie ist das noch nicht: Mit dem Aktionsplan wurde eher versucht, möglichst konkrete und für die einzelnen Senatsverwaltungen realistisch umsetzbare Maßnahmen zu formulieren. Was uns fehlt, sind langfristige ernährungspolitische Visionen und Ziele mit Indikatoren, die sich auch messen lassen. Bisher wurde uns dazu nur versichert, die Ernährungsstrategieentwicklung sei mit dem Aktionsplan noch nicht abgeschlossen.

Auch die Mitsprachemöglichkeiten für die Berliner Bürger*innen lassen unserer Meinung nach weiter Wünsche offen. Wir haben uns dazu mit der zuständigen Fachabteilung getroffen und einige Ideen besprochen. Dabei wurde aber auch deutlich, dass die personelle Ausstattung der Fachabteilung für die Strategie keine großen Sprünge erlaubt. Damit mehr Geld und mehr Fachpersonal für die weitere Entwicklung der Ernährungsstrategie, die Umsetzung von Maßnahmen sowie umfassende Bürgerbeteiligungsprozesse zur Verfügung gestellt werden kann, müssten alle Senatsverwaltungen an einem Strang ziehen; das Thema Berlin-Brandenburger Ernährunsgwende müsste in Land und Stadt als – nicht zuletzt klimapolitische – Chefsache behandelt werden; und natürlich müssten auch die Abgeordneten bei den Haushaltsdebatten das Thema Agrar- und Ernährungswende ganz oben auf die Prioritätenliste setzen. Derzeit ist das bei den allerwenigsten der Fall – fragt doch mal eure Abgeordneten, was sie über das Thema Ernährung wissen und denken, und wie ernst sie es in Zukunft nehmen wollen!

Weiterführende Informationen:

  • Stellungnahme des Ernährungsrats zur Entwurfsvorlage der Ernährungsstrategie
  • Offener Brief an Senator Dr. Behrendt und Staatssekretärin Gottstein

Ein Ernährungshaus für Berlin – das „House of Food“

Ein Kernstück der Berliner Ernährungsstrategie ist die Errichtung eines Beratungs- und Kompetenzzentrums für die Umstellung der Berliner Gemeinschaftsverpflegung („House of Food“) – also der Versorgung von Schulen, Kitas, Seniorenheimen, Krankenhäusern, Kantinen, Mensen etc. Anfang Februar hat der Berliner Senat eine Ausschreibung für eine Projektförderung zur Gründung und zum Betrieb dieses „Ernährungshauses“ veröffentlicht. Ziel sei es, den Anteil von bioregionalen Lebensmitteln in den kommunalen Küchen deutlich zu erhöhen. Im Prinzip eine gute Sache – unserer Ansicht nach war jedoch die Ausschreibung zu eng gefasst, und zwar sowohl, was die verschiedenen Bausteine des „House of Food“ und die Anforderungen an die Pilotphase betrifft, als auch hinsichtlich der Rechts- und Organisationsform des zukünftigen „House of Food“. Weil wir einen Dialog über die mögliche zukünftige Struktur, Betreiberschaft und Finanzierung für ein langfristig angelegtes und gemeinwohlorientiertes „House of Food“ für notwendig halten und die Vergabe an einen privaten Betreiber kritisch sehen, haben wir selbst eine Interessenbekundung eingereicht. Sie wurde von zahlreichen Organisationen, Institutionen, Unternehmen und Personen unterstützt. Hier findet sich unsere Begründung für die Interessenbekundung und die Auflistung unserer Unterstützer*innen.

Wir haben zwar die zweite Verfahrensstufe nicht erreicht – den Dialog wollen wir aber natürlich trotzdem einfordern. Dazu haben wir bereits um einen Gesprächstermin mit dem zuständigen Senator Behrendt sowie Staatssekretärin Gottstein gebeten. Und wir diskutieren zur Ernährungsstrategie und speziell zum „House of Food“ auch intern weiter – z.B. bei unseren Strategiewerkstätten. Die nächste ist am 20. Juni: meldet euch bitte unter kontakt@ernaehrungsrat-berlin.de an, wenn ihr teilnehmen wollt.

Für einen gemeinwohlorientierten Ernährungswende-Campus in Tempelhof!

Im Tempelhofer Flughafengebäude gibt es eine 1000 Quadratmeter große Etage mit fünf Küchen, Kantinenräumen und Sälen, die Zugang zu einem grünen Innenhof haben und gegenwärtig leer stehen. Gemeinsam mit der Bürgerinitiative thf.vision fordern wir, hier den Grundbaustein für einen gemeinwohlorientierten Ernährungswende-Campus zu legen, auf dem ein zukunftsfähiges urbanes Ernährungssystem entwickelt wird. Dort gibt es ausreichend Platz für Kochkurse und Ernährungs-Workshops für Eltern und Kinder, interkulturellen Austausch, die Verarbeitung regionaler Produkte in gemeinwohlorientierten Kleinbetrieben sowie für eine zukunftsfähige Lebensmittelversorgung und Esskultur als Forschungsgegenstand. Hier könnte auch das House of Food mit seinem Raumbedarf von 250 Quadratmetern einquartiert werden – dessen Standort steht noch nicht fest. Für das Gebäude zuständig ist die landeseigene Tempelhof Projekt GmbH. Sie hat bereits bestätigt, dass eine Nutzung des Gebäudetrakts im Sinne eines ernährungspolitischen „Wende- Campus“ möglich ist. Hier gibt es mehr Info zu unseren Ideen für den Tempelhofer Flughafen.

Vollversammlung: Ernährungspolitische Debatte, Zugang zu gutem Essen und eine neue Sprecherin.

Am 08. Mai 2019 haben wir im Rahmen unserer Frühlings-Vollversammlung zu einem Debattencamp über die Berliner Ernährungsstrategie sowie die heiße Frage nach dem Zugang zu gutem Essen für alle in die Alte Zollgarage (Flughafen Tempelhof) geladen. In einem Fish-Bowl Format wurde angeregt darüber diskutiert, wie sich der Ernährungsrat im Rahmen der Ernährungsstrategie des Senats noch stärker für ein zukunftsfähiges Ernährungssystem positionieren kann und inwiefern die Arbeit stärker politisch ausgerichtet werden soll. Hier findet sich ein ausführliches Fotoprotokoll des Debattenverlaufs.

Anschließend wurde das komplexe Thema „Zugang zu gutem Essen für alle“ angerissen sowie eine Tischvorlage für ein Positionspapier vorgestellt und andiskutiert. Hier findet sich ein Fotoprotokoll des Diskussionsverlaufs. Auf Pinnwänden wurde Feedback gesammelt und vereinbart, Räume für die weitergehende Diskussion zu schaffen: zum einen soll das Positionspapier im Rahmen einer Schreibwerkstatt weiterentwickelt werden, und zum anderen wollen wir unsere Strategiewerkstätten für die weitere Diskussion nutzen sowie eine öffentliche Podiumsdiskussion zum Thema organisieren. Wenn ihr euch beteiligen wollt, meldet euch bitte unter kontakt@ernaehrungsrat-berlin.de mit dem Betreff „Gutes Essen für alle!“

Zudem wurde im Rahmen der Vollversammlung Friederike Gaedke als neue Sprecher*in vom Plenum mit 45 Ja-Stimmen, 5 Enthaltungen und keinen Gegenstimmen bestätigt. Herzlich willkommen, Frieda! Den aktuellen Sprecher*innenkreis findet ihr hier.

Unabhängige politische Arbeit kostet Geld!

Der Ernährungsrat ist ein offenes Bündnis von Bürger*innen, bei dem alle ohne Mitgliedsbeitrag mitmachen können, und so soll es auch bleiben. Wir leben vom ehrenamtlichen Einsatz vieler! Aber das reicht allein leider nicht: Ohne etwas Geld für Veranstaltungen und andere Aktivitäten sowie eine hauptamtliche Koordination, die die vielen Fäden zusammenhält, würde uns allen bald die Puste ausgehen.

Wir sind kontinuierlich dabei, hier und da Projektanträge zu stellen. Oft wird bei Förderanträgen jedoch ein substanzieller Anteil an Eigenmitteln gefordert. Und viele unserer regelmäßigen Aktivitäten lassen sich von vornherein gar nicht als „Projekt“ formulieren und sind daher nicht förderfähig: unsere Lobbyarbeit, unsere Projekt- und Strategiewerkstätten, und nicht zuletzt auch unsere Vollversammlungen. Um trotzdem arbeiten zu können, sind wir auf eure Mithilfe angewiesen: Bitte überlegt, wieviel eure Brieftaschen und Kontostände an „monetären Lebensmitteln“ für den Ernährungsrat hergeben! Per Überweisung an das Konto: Ernährungsrat Berlin e.V., DE35 4306 0967 1225 3232 00, GENODEM1GLS (Verwendungszweck: „Lebensmittel“). Da wir als gemeinnützig anerkannt sind, dürfen wir auch Spendenbescheinigungen ausstellen. Wer eine solche benötigt, schreibt uns dies mit Adressangabe und unter dem gleichen Stichwort bitte an kontakt@ernaehrungsrat-berlin.de.


Infobrief Mai 2019

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