Zur Koalitionsvereinbarung der künftigen Berliner Regierungsparteien

Die Koalition aus Bündnis 90 / Die Grünen, Die Linke und SPD, die den neuen Berliner Senat trägt, hat eine Reihe von Vereinbarungen getroffen, die den Einstieg in eine urbane Ernährungspolitik erlauben. Dies ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft, zahlreicher ernährungsaktiver Bürger*innen und Initiativen in der Stadt und nicht zuletzt des Berliner Ernährungsrats.

In der Koalitionsvereinbarung werden u.a. genannt:

  • Erarbeitung einer „zukunftsfähigen, regional gedachten Berliner Ernährungsstrategie“ u.a. in Zusammenarbeit mit dem Ernährungsrat
  • Weiterführung der Senatsinitiative „Forum für gutes Essen“
  • Festlegungen und Umsetzung in Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft
    Auslotung der Möglichkeiten einer verbesserten Zusammenarbeit mit Brandenburg bei der Regionalversorgung
  • Erhöhung des saisonalen, des Frische- und des Bio-Anteils am Essen in Kitas, Schulen, Kantinen und bei Caterings
  • Wahlfreiheit bzgl. veganer, vegetarischer und fleischhaltiger Mahlzeiten

Darüber hinaus hat die Koalition festgelegt, mit der Garten-Bewegung ein Konzept für urbane und interkulturelle Gärten auszuarbeiten und Berlin zur „Essbaren Stadt“ zu machen. Tierschutzorganisationen erhalten das Klagerecht.

Dies sind wichtige Vereinbarungen, die für Berlin durchaus neu sind – in vielen anderen Städten oder Regionen jedoch bereits Standard. Berlin holt hier nach bzw. vermeidet ein weiteres Abfallen im bundesweiten und internationalen Vergleich großer Städte.

In einer zentralen Frage bleibt der Koalitionsvertrag verhalten: Berlin hat im Unterschied zu anderen Großstädten kein ernährungspolitisch produktives Umland, da das Land Brandenburg weiterhin auf eine wachsende Agrarindustrie und Massentierhaltung in globalisierten Absatzmärkten orientiert ist. Es fehlt jeder Ansatz für eine verstärkte Wertschöpfung in der Region, die Arbeitsplätze dauerhaft vor Ort ansiedelt, für mehr Ökolandbau, Biodiversität und wirksamen Tierschutz – alles Werte, Ziele und Leistungen, die von der Bürger*innen beider Bundesländer unterstützt und nachgefragt werden.

Ohne nachhaltige Agrar- und Ernährungspolitik in der Region jedoch ist die anvisierte Ernährungsstrategie Berlins auf Dauer zum Scheitern verurteilt. Somit steht der künftige Berliner Senat vor der Herausforderung, überzeugende, zukunftsfähige agrar- und ernährungspolitische Strategien und Visionen nicht nur für die Stadt, sondern die gesamte Metropolregion anzustoßen und zu entwickeln.

Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die künftige Beteiligung der Bürger*innen an der Ausarbeitung einer sozial wie global gerechten und ökologischen Ernährungsstrategie. Die Frage, wie die Stadt künftig essen und sich versorgen will, braucht eine breite öffentliche Debatte, Streit und Meinungsbildung.

Der Berliner Senat ist klug beraten, wenn er nicht nur die Vorteile der ernährungsproduktiven Stadt erkennt, sondern auch bei der Umsetzung der oben genannten Vorhaben auf die aktive Stadtgesellschaft setzt.

Download der Koalitionsvereinbarung, Berliner Zeitung (PDF)

Berlin kann mehr als Currywurst